Klosterkirche

Die Schäftlarner Klosterkirche zählt wohl zu den gelungensten spätbarocken Sakralbauten in Süddeutschland. Allein die Prominenz der Künstler, die beim Bau und bei der Ausgestaltung der Kirche mitwirkten, bestätigt schon ihren hohen künstlerischen Wert.

Im Jahr 1140 ließen sich Prämonstratensermönche aus dem schwäbischen Ursberg in dem 762 gegründeten, durch die Ungarneinfälle nahezu ausgestorbenen Benediktinerkloster Schäftlarn nieder und belebten es neu. Sie wirkten und lebten dort bis zur Säkularisation im Jahre 1803.  In den Jahren 1702 bis 1707 errichteten sie zunächst um die alte gotische Kirche ein neues Klostergebäude, dessen unaufdringliche, aber trotzdem Würde und Eleganz ausstrahlende Architektur des Münchner Hofbaumeisters Antonio Viscardi auch heute noch überzeugt.

Dann begann der Orden im Jahr 1733 nach den Plänen des ebenfalls am Münchner Hof tätigen Baumeisters François de Cuvilliés d. Ä. mit dem Neubau der Kirche. Die gotische Vorgängerkirche war zuvor wegen Baufälligkeit abgebrochen worden. Doch dann stellte man 1740 sämtliche Arbeiten ein. Vermutlich erschienen den Verantwortlichen der Plan Cuvilliés´ zu großzügig und seine Ausführung zu teuer; aber auch bedingt durch den österreichischen Erbfolgekrieg. Nach 10 Jahren kriegsbedingten Stillstands wurden die Arbeiten 1750 wieder aufgenommen: Johann Baptist Gunetzrhainer und sein Schwager Johann Michael Fischer reduzierten den ursprünglichen Entwurf und führten den Bau bis 1753 in seiner heutigen Form auf.

Putto Augustinusaltar

In den Jahren 1754 bis 1764 erhielt die Kirche ihre für Süddeutschland so typische, heitere Rokokoausstattung. Die Stuckaturen und Deckenfresken sind Spätwerke des berühmten Hofmalers und Stuckateurs Johann Baptist Zimmermann aus den Jahren 1754 bis 1756. Zimmermann hatte z. B. an der Ausgestaltung der weltbekannten Wieskirche entscheidend mitgewirkt.

Die Altäre mit ihren wunderbaren Figuren und Putten sowie die eindrucksvolle Kanzel mit dem schönen Fischzugrelief – alles Arbeiten aus den Jahren 1756 bis 1764 des Münchner Hofbildhauers Johann Baptist Straub – runden den heiteren Raumeindruck hervorragend ab.

Die Schäftlarner Stiftskirche kann durch die vorgenannten Künstler, die zweifellos zu den größten ihrer Zeit zählten, eine glanzvolle, höfische Ausstattung aufweisen, die sich geradezu einzigartig ausnimmt unter den barocken Klosterkirchen des Alpenraumes.

(Rolf Stubenrauch)

Bau-, Ausstattungs- und Restaurierungsgeschichte

JahrBeschreibung
762Gründung des Benediktinerklosters Schäftlarn und Weihe der ersten Klosterkirche.
1140  Wiederbegründung als Prämonstratenserkloster.
1160Weihe der gotischen Vorgängerkirche.
1320Anbau eines Chors und eines Kreuzgangs an die gotische Klosterkirche.
1701Bauschäden durch Hochwasser.
1702-07Bau des neuen Klostergebäudes durch Giovanni Antonio Viscardi als Vierflügelanlage um zwei rechteckige Innenhöfe mit der gotischen Klosterkirche als Zentrum.
1710Einsturz des Kirchturms der gotischen Klosterkirche.
1712Wiederaufbau des heute noch bestehenden Kirchturms.
1733Abbruch der gotischen Klosterkirche wegen Baufälligkeit, Planung und Beginn mit dem Neubau der Hochaltarapsis und des Presbyteriums. durch Francois Cuvilliés d.Ä. (1695 – 1768),Errichtung einer Interimskirche.
1740Unterbrechung des Baus wegen Finanzierungsschwierigkeiten (Österreichischer Erbfolgekrieg).
1751Wiederaufnahme des Baus durch Johann Georg Gunetzrhainer (1691 – 1766) und dessen Schwager Johann Michael Fischer (1692 – 1763) unter Reduzierung des Bauvolumens und Aufgabe der Querhausplanung.
1752/53Einwölbung von Chor und Langhaus.
1754-56Innenraumgestaltung der Kirche mit Fresken und Stuck durch den kurbayerischen Hofstuckator und Hofmaler Johann Baptist Zimmermann (1680 – 1758) unter Mitwirkung von Johann Martin Heigl (gest. 1776).
1755Hochaltargemälde des Münchener Hofmalers Balthasar Augustin Albrecht (1687 – 1765).
1755-76Anfertigung der Altäre, Kanzel, Chorgestühl, Kirchenbänke, Beichtstühle und Orgelgehäuse mit allen Figuren durch den Münchener Hofbildhauer Johann Baptist Straub (1704 – 1784)
1757Erster Gottesdienst in der Kirche.
1760Weihe der Kirche durch den Freisinger Weihbischof Freiherr Franz Ignaz von Werdenstein.
1764Gemälde des Rosenkranz- und des Kreuzaltares durch Augustin Albrecht.
1802/03Säkularisation, die Klosterkirche wird zur Pfarrkirche.
1866Wiederbegründung als Benediktinerkloster.
1872/73Außenrenovierung.
1885Renovierung des Turms und des nördlichen Vorraums.
vor 1888Farbfassung der Hochaltarfiguren.
1905Stuckausbesserung.
1907Außenrenovierung, teilweise Innenrenovierung.
1911Stuckausbesserung im Presbyterium.
1933Außenrenovierung.
1947Dachschäden / Wasserschäden an Deckengemälden und Stuck.
1950Dachinstandsetzung.
1954-57Innenrestaurierung durch Sepp Hilz Entfernung der Stuckvergoldungen, Farbfassung des Stucks, Restaurierung der gesamten Ausstattung.
1963Instandsetzungsarbeiten an Dach, Fassade, Fußböden und Stufen. Erneuerung der Schallöffnungen im Turm und der Blitzschutzanlage. Feuerschutzmaßnahmen, v.a. Einbau feuerbeständiger Türen, Einziehen einer Stahlbetondecke im Turm, Erneuerung der Holztreppen im Turm, Einbau einer Druckleitung im Turm.
1969Entfeuchtungsmaßnahmen am Mauerwerk.
Einbau der elektrischen Kirchenheizung.
Erneuerung der Bleiverglasung der Kirchenfenster, Einbau von Schwitzwasserrinnen an den Fenstern.
1976-79Dachdeckungsarbeiten.
1983Wasserschäden am Chorgewölbe.
1988/89Renovierung der Kirchenfassade.
1995Instandsetzung der Elektroinstallation in Teilbereichen, Anobienbekämpfung.
1996Verstärkung der Orgelempore.
Neue Orgel (Vleugels).
2000Schließung der Kirche nach Ablösung von Stuckteilen, Beginn der Vorbereitungen zur Instandsetzung.
2001Einbau von Netzen zum Schutz vor herab fallenden Stuckteilen, Wiederöffnung der Kirche zu Weihnachten 2001.
2002Voruntersuchungen für die Instandsetzung der Kirche.
Untersucht wurde die Gründung, das Gewölbe, das Dachwerk, Putz und Stuck, die Raumschale (Farbfassungen), die Deckenfresken und die Ausstattung der Kirche.
Als Abschluss der Voruntersuchungen wurde eine Musterachse angelegt (rechter Wandpfeiler zwischen Chorbereich und Hochaltar).
2003Vorlage der Haushaltsunterlage-Bau beim Bayerischen Landtag (Gesamtkosten der Maßnahme: 6,75 Mio. EURO).
2004Erteilung des Bauauftrages, Beginn der Ausführungsplanung für den 1. Bauabschnitt (Statische Instandsetzung).
2005Teileinrüstung der Kirchenfassade und des Kircheninnen-    raums, Durchführung der Spezialbaumeisterarbeiten (Vernadelung von Rissen im Mauerwerk, Einbau von Gewölbeüberfangungen).
2006Durchführung der Zimmerer-, Dachdecker- und Spenglerarbeiten.
Grundsätzlich bleiben aus der Bauzeit stammende Systeme weitgehend erhalten, und nur defekte Teile werden wiederhergestellt. Vorhandene Provisorien werden zurückgebaut. Geschädigte Dachfußpunkte werden mit neuen Balken querschnittsgleich repariert. Die Verbindungen erfolgen mit Überblattungen und Schlitzblechen. Die Mauerlatte wird durch verleimte und verschraubte Eichenbohlen repariert.
Mittels Kertoplatten (vergleichbar mit 4-6 cm dicken Sperrholzplatten) wird im Dachraum auf der Zerrbalkenebene eine statisch aussteifend wirkende Scheibe ausgebildet. Weitere Aussteifungen werden durch räumliche Fachwerke und statisch wirksame Schalungen erreicht.
2007Instandsetzung des Turmes und Fassadenanstrich.
Einrüstung des Turmes bis zur Turmspitze.
Erneuerung der Schallläden, Reparatur der Holzkonstruktion des Turmhelmes.
Überarbeiten des Turmkreuzes und der Zeiger der Turmuhr, sowie der Verblechungen.
Überarbeiten des Fassadenputzes am Turm.
Erneuerung des Fassadenanstriches am Langhaus und am Turm.
2008 bis 20122. Bauabschnitt: Innenrestaurierung.
Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes des Kirchenraumes.
Restaurierung der Altäre und der Ausstattungsgegenstände.
Erneuerung der Kirchenbeleuchtung auf der Basis eines Beleuchtungskonzeptes. Erneuerung der Kirchenbankheizung.
Erneuerung der Lautsprecheranlage.