Scriptorium

Seit jeher besaß Kloster Schäftlarn neben seinen seelsorglichen und wirtschaftlichen Aufgaben ein eigenes Scriptorium (d.i. eine mittelalterliche 'Schreibstube') bis etwa zur Erfindung des Buchdrucks. Die Scriptorien hatten u.a. die Aufgabe, die notwendigen Bücher für den Eigenbedarf, d.h. Evangeliare, Antiphonale etc. für das Chorgebet, bzw. für die Filialkirchen zu erstellen und zu kopieren.

Im Wahlkurs 'Scriptorium' wollen wir uns zwei bedeutsame Schriften aus dem Hochmittelalter und aus der beginnenden Neuzeit aneignen:

(a)  als Einstieg wird die UNZIALE verwendet:

Sie entwickelte sich aus der römischen Antiqua und diente vor mehr als 1000 Jahren als Kanzleischrift auf den Kaiserpfalzen und in den Klöstern bei der Abfassung von Urkunden und Büchern. Da die Unziale keinen Unterschied zwischen Klein- und Großbuchstaben kennt, ist sie für die Einsteiger in die Kalligraphie bestens geeignet; sie zeichnet sich durch ein ausgewogenes Schriftbild aus.

(b) Die FRAKTUR ist die zweite Schrift, die im Scriptorium angegeignet wird; sie ist etwas anspruchsvoller wegen ihrer unterschiedlichen Schreibweisen bei Groß- und Kleinbuchstaben, z.T. verschiedene Gestaltung von 's' (Anfang-, Mittel- und Schluß-'s') bzw. große Ähnlichkeiten bei Großbuchstaben untereinander ('A' und 'U'), ebenso bei Kleinbuchstaben ('k' und 't'). Diese Schrift hielt durch den seit 1492 erfolgten Buchdruck unter Verwendung von Einzelbuchstaben Einzug, und wurde z.T. - mit erheblichen Abwandlungen - verwendet bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Beide Schriften werden mit Bandzugfeder, Federhalter und Tusche auf Musterblätter geschrieben; daneben werden Versuche zu Hervorhebung und Ausschmückung von Initialen unternommen, Zierkarten angefertigt, zusammenhängende Texte in ein wohlgefälliges Aussehen gebracht und vieles andere mehr.

Zum Abschluß ist noch eine Einführung in die Deutsche Schrift (z.B. Sütterlin) vorgesehen, um Karten, handschriftliche Aufzeichnungen und Dokumente aus den letzten zwei Jahrhunderten lesen zu können.

P. Norbert Piller  OSB